Kinderorthopädie

Die Wiege der Orthopädie ist die Kinderorthopädie. Der erstmals von Nicolas Andry 1741 verwendete Begriff „Orthopädie“, der von orthos=gerade und paideia=Erziehung (Kind) abgeleitet ist, zielt besonders auf die Prophylaxe von Haltungsschäden bei Kindern ab.

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Krankheitsspektrum in der Kinderorthopädie verändert. So sind die bedrohlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates im Kindesalter wie z.B. Knochen- und Gelenkinfektionen (u.a. Osteomyelitis, Poliomyelitis, Rachitis, Tuberkulose etc.) durch nichtorthopädische Behandlungsmaßnahmen wie Impfung und Antibiotika selten geworden.

Selbst die Hüftdysplasie bzw. Hüftluxation als vormals häufigste angeborene Erkrankung hat durch die gesetzlich verankerte sonographische Vorsorgeuntersuchung der Hüftgelenke an Bedeutung verloren. Dagegen ist eine deutliche Zunahme von sog. zivilisatorischen Erkrankungen bei Jugendlichen, wie z.B. Adipositas und Fehlhaltungen der Haltungs- und Bewegungsorgane (insbesondere der Wirbelsäule) festzustellen. Hier ist häufig eine (kinder)orthopädische Abklärung angeraten.

Illustration: Baum ist zur Stärkung an einen Pfahl gebunden
Mit dem „Orthopädiebäumchen“ wies Andry auf die Entstehung von Deformitäten während des Wachstums und deren Behandlungsmöglichkeiten durch orthopädische Maßnahmen hin.

Die heutige Kinderorthopädie beinhaltet die Vorbeugung und Vorsorge, die frühe Erkennung sowie die fachgerechte Behandlung sämtlicher Erkrankungen und Verletzungen der Stütz- und Bewegungsorgane während des Kindes- und Jugendalters. Die Kinderorthopädie ist somit mehr als die Orthopädie des kleinen Patienten, denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen.

Eine wesentliche Errungenschaft der Kinderorthopädie ist die Früherkennung von Erkrankungen, denn je früher die Diagnose gestellt und die Therapie begonnen wird, umso günstiger ist die Prognose. Daher gehört die prognostische Bewertung von Erkrankungen und Verletzungen im Wachstumsalter zu den anspruchsvollsten Aufgaben der Kinderorthopädie.

Stets hat bei allen Überlegungen das Kind im Mittelpunkt zu stehen. Eltern, Angehörige, Physio- und Ergotherapeuten, Orthopädietechniker und Arzt müssen sich als Anwälte des Kindes verstehen und bei jeder Behandlung an einem Strang ziehen.